Bürgerräte bringen unsere Demokratie weiter – Antrag auf dem Bundesparteitag

Haben Sie schon einmal von einem Bürgerrat gehört? Bürgerräte setzt man ein, um direkte Rückmeldungen zu politischen Fragestellungen zu bekommen. Das Besondere an Bürgerräten ist, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zufällig aus der Bevölkerung ausgelost werden. Ihre Aufgabe ist es, gemeinsam Lösungen für politische Entscheidungsfragen vorzuschlagen. Diese Empfehlungen werden dem jeweils zuständigen Parlament oder dem Gemeinderat zur Beratung vorgelegt.

Weltweit gilt das irische Modell der Citizens‘ Assembly als vorbildlich und besonders fortschrittlich. Es beteiligt Bürger, bringt Lösungen bei politischer Blockade, weil das irische Parlament begründen muss, warum es einem Empfehlung des Bürgerrates nicht folgt. Damit haben in Irland Bürgerräte den Weg für wichtige Verfassungsänderungen geebnet und Vorlagen für das Abtreibungsrecht oder gleichgeschlechtliche Ehen ausgearbeitet. Im deutschsprachigen Ostbelgien sind sie mittlerweile fest in der politischen Landschaft verankert.

In Deutschland gab es bisher erst einen Bürgerrat auf Bundesebene, der vom Bundestag ins Leben gerufen wurde und zwar zum Thema „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“. Dieser hat von September 2023 bis Mitte Januar 2024 insgesamt neun Maßnahmenempfehlungen erarbeitet, die den Abgeordneten vorgelegt wurden. (Wenn Sie mehr zu diesem speziellen Bürgerrat wissen möchten, hier gibt es alle Informationen: https://www.bundestag.de/buergerrat_ernaehrung)

Bürgerräte sind ein wichtiger Teil zur Lösung

Wir Grünen möchten, dass Bürgerräte auch zu anderen Themen ins Leben gerufen werden. Unsere Demokratie steht vor großen Herausforderungen. Politikverdrossenheit, sinkende Wahlbeteiligung und zunehmende Polarisierung sind Symptome einer Krise. Aber ich bin überzeugt: Bürgerräte können einen wichtigen Teil zur Lösung beitragen.

Warum? 

  • Erstens, weil Bürgerräte einen Querschnitt unserer Gesellschaft abbilden. Jung und Alt, Akademiker und Handwerker, Menschen mit und ohne Migrationshintergrund – alle sitzen an einem Tisch. Sie sind die wahren „Experten des Alltags“, deren Stimmen wir hören müssen.
  • Zweitens fördern Bürgerräte den respektvollen Dialog und das Verständnis für unterschiedliche Perspektiven.
  • Drittens liefern Bürgerräte durchdachte, ausgewogene Empfehlungen zu ganz unterschiedlichsten Themen. Das zeigt die Arbeit der Bürgerräte, die bisher getagt haben. https://www.buergerrat.de/buergerraete/bundesweite-buergerraete

Ergänzung der parlamentarischen Debatten

Bürgerräte können und werden unser Parlament oder andere demokratische Institutionen nicht ersetzen. Bisher geben sie allerdings nur Empfehlungen ab. Damit sind eine sinnvolle Ergänzung, die unsere Demokratie bereichert und stärkt. Bürgerräte geben den Bürger:innen eine Stimme. 

Bürgerräte können sowohl auf kommunaler Ebene, wie auch auf Landes- oder Bundesebene hinzugezogen werden.

Daher finden wir, dass es an der Zeit ist, Bürgerräte auch bei uns fest zu etablieren. Mit Bürgerräten können wir die Demokratie stärken und Bürgern politische Arbeit näher bringen. Und unseren politischen Vertreter*innen Ideen und Entscheidungshilfen an die Hand geben, die im parlamentarischen Alltag oft verloren gehen.

Unser Antrag zum grünen Programm: Bürgerräte auf rechtliche Grundlagen stellen

Gespannt blicke ich und mit den anderen Grünen im Kreis auf die Entscheidungen beim Parteitag in Berlin, denn genau zum Thema Bürgerräte haben wir einen Änderungsantrag gestellt. Bislang ist da formuliert: „Mit Bürgerräten besteht die Möglichkeit, den Rat der Menschen als „Expert*innen des Alltags“ in einem repräsentativen Verfahren einzuholen. Auch das gilt es zu stärken.“ Wir beantragen, dass Bürgerräte auf eine rechtliche Grundlage gestellt werden. 

So sieht dies auch der Aachener Europa-Abgeordnete Daniel Freund: „Wir wollen eine weitere Institutionalisierung von Bürger*innenräten, unter anderem durch direktdemokratische Verfahren zu einzelnen Beratungsergebnissen.“ Noch weitergehender ist Michael Kellner Antrag: „Direkte Beteiligungsmöglichkeiten bereichern unsere Demokratie bereits heute vielfältig auf kommunaler und Landesebene. Auch auf Bundesebene wollen wir beispielsweise mit Bürgerräten oder der Einführung einer Volksinitiative direktdemokratische Beteiligung ermöglichen“. 

 
Foto: Nils Leon Brauer